Dienstag, 8. Juli 2014

Interview mit Phie Kaldinski und Jassy Klier zu "Strayer"


"Willkommen in Port Arbores, einer kleinen Stadt an der Küste Südenglands. Seltsame Dinge geschehen hier und die Grenzen zur Anderswelt sind dünn. Ohne es zu wissen, tanzt jeder Bewohner am Abgrund entlang..."

Im Gegensatz zu den Bewohner ihrer Story tanzten Phi Kaldinski und Jassy Klier mit  ihrer Story "Strayer" nicht am Abgrund, sondern direkt aufs Siegespodest: Im myComics Wettbewerb "Leben, Lust und Tod" belegten sie den zweiten Platz.

Wie immer wollten wir mehr zu den Gewinner-Comics wissen, und haben Phie Kaldinski und Jassy Klier zu Strayer, zu ihrer eigenen Comic-Geschichte und zu aktuellen Projekten befragt:

Woher kam die Idee zu „Strayer“?

Die Grundidee entwickelte sich, weil Phie gerne eine Detektivgeschichte mit übernatürlichen Elementen zeichnen wollte, so ähnlich wie „Akte X“, die Comicreihe „Hellboy“ oder die Hörspielreihe „Gabriel Burns“. Zuerst ging es auch um einen Detektiven (Cortéz) der bei der Bearbeitung seiner Fälle immer wieder in seltsame Angelegenheiten hinein gezogen wurde und dessen Sekretärin ein Geist war (Eleven). Die Idee war relativ dreist aus der Mangareihe „Dramacon“ von Svetlana Chmakova geklaut, in der die Hauptperson genau so eine Geschichte namens „Wary City“ schreibt. Die Geschichte wurde dann unter dem Titel „Holy Blasphemy“ beim Experienze-Verlag veröffentlicht. Da der Verlag aber pleite ging, blieb es da beim ersten Band. Uns war die Geschichte allerdings so ans Herz gewachsen, dass wir beschlossen, sie noch einmal zu überarbeiten und sie dann als Webcomic zu veröffentlichen. Vieles hat sich verändert, die Wurzeln der Geschichte sind aber durchaus noch erkennbar.


Wie läuft die Zusammenarbeit zwischen euch bei Strayer?

Wir überlegen uns zusammen den Plot der einzelnen Kapitel und legen den Ablauf grob fest. Manchmal skizziert Phie, wie sie sich das Layout bestimmter Seiten vorstellt. Jassy layoutet dann die Seiten, legt die Sprechblasenpositionen, den Ablauf und schon einen Teil der Dialoge fest. Phie überträgt das Layout dann auf A3, zeichnet die Seiten vor, inkt mit Feder und Tusche und füllt Schwarzflächen aus. Jassy scant die Seiten dann, Phie setzt sie zusammen und bereinigt sie. Jassy übernimmt dann das ausfüllen der Farbflächen (flats) und schickt die Seite dann an Phie zurück, die darauf fertig koloriert. Danach geht die Seite wieder an Jassy zum Lettern. In der Phase gehen wir immer noch einmal über die Dialoge und besprechen diese, bevor wir sie auch ins Englische übersetzen. Bei der Arbeit gehen die Seiten also ständig hin und her und wir arbeiten sehr eng zusammen. Für eine Seite braucht Phie durchschnittlich zwischen 5 und 8 Stunden.

Habt ihr davor schon einmal zusammen gearbeitet, bzw. wie kam es zu der Zusammenarbeit?

Wir haben uns über animexx kennen gelernt und angefreundet und schon recht früh angefangen, Geschichten miteinander zu spinnen.
Phie bewarb sich damals auf Anraten einer Freundin mit ihrem Comic-Konzept „21st Century Ghosts“ beim Kleinverlag Experienze, da sie sich aber damals noch recht unsicher über die Layouts ihrer Seiten war, fragte sie Jassy, ob sie an diesem Projekt nicht zusammen arbeiten wollten. Der erste Band der Geschichte wurde, wie erwähnt, unter dem Titel „Holy Blasphemy“ bei Experienze veröffentlicht. Danach sind wir eigentlich ein Team geblieben

Sternschauer Illustration für "Strayer"

Wann hast du mit dem Comiczeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?

Phie:
Angefangen mit dem Zeichnen von Comics habe ich durch den Manga „Sailor Moon“, der mich dazu inspirierte, mir mit Freundinnen in der Grundschule Geschichten aus zu denken und diese dann in Comicform (meist auf kleine A5 Blätter oder in Geometriehefte) nieder zu zeichnen. Wirklich ernsthaft mit dem Zeichnen auseinandergesetzt habe ich mich aber erst mit der „Banzai“, die damals bei Carlsen erschien. Diese Zeitschrift enthielt einen fortlaufenden Mangazeichenkurs, der mich motivierte, mir weitere Bücher zu dem Thema zu kaufen und selber Geschichten in dieser Art zu zeichnen. Durch animexx.de kam ich in Kontakt mit weiteren Zeichnern, deren Comics mich inspirierten. Bis ich 16 war habe ich fast ausschließlich in einem von Mangas inspirierten Stil gezeichnet, was sich durch Comics wie „Hellboy“, „The Walking Dead“ und den Manhwa „Priest“ maßgeblich änderte.

Prototyp von "Strayer"

Jassy:
Ich habe schon immer gerne mit Papier und Stiften gearbeitet, schon im Kindergarten. Richtig Interesse am Zeichnen bekam ich jedoch erst, als ich etwa 9 oder 10 Jahre alt war. Damals kam die große Manga-Welle über Deutschland hinweg geschwappt und ich war mittendrin. Mein Vater, der mein Interesse an Mangas kannte, schenkte mir einige How-To-Draw-Manga-Bücher, aus denen ich viel abzeichnete. Ich zeichnete auch viel aus meinen Lieblingscomics ab. Irgendwann entdeckte ich das Internet für mich und fand deviantART, eine internationale Künstlerkomunitee, in der ich mich viel mit anderen Zeichner austauschte und vor allem Fanarts (von eher fragwürdiger Qualität) online veröffentlichte. Aus persönlichen Gründen wechselte ich irgendwann von deviantART zu animexx, wo ich anfing einen Fan-Doujinshi zur Mangareihe „Personal Paradise“ zu veröffentlichen. Über diesen lernte ich auch Phie kennen, die mich seitdem immer angetrieben hat, mich mit meinen Zeichnungen zu verbessern – eine Motivation, die ich früher nie hatte. Zu meinen zeichnerischen Inspirationen gehören heute unter anderem Jamie Hewlett, Shirow Miwa, Mike Mignola und natürlich Phie.

Woran arbeitest du gerade?

Phie:
Im Moment arbeite ich mit Jassy zusammen an „Strayer“. Nebenbei unterstütze ich Jassy bei ihrem RPG-Maker Projekt „Weeps & Whispers“ für die ich die Facesets und einige der Settings beisteuern werde. Ansonsten sammle ich im Moment Ideen für ein kurzes Comicprojekt mit Zombie/Science-Fiction-Thematik.

Neue Artist ID von Jassy und Phie

Jassy:
Hauptsächlich an „Strayer“ als Co-Autorin, Seitenlayouterin und Farbsklave *scherz*. Nebenher arbeite ich noch an „Weeps and Whispers“, einem RPG-Maker-Projekt, welches grob auf der griechischen Mythologie basiert und in einer alternativen Version des Jenseits spielt. Auch dieses Projekt ist eine Zusammenarbeit mit Phie, die unter anderem Artworks und Facesets für das Spiel beisteuert

Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:

Phie:
Die „Banzai“. Vorher habe ich Comics (wie „Das Lustige Taschenbuch“ oder „Sailor Moon“) nur von meiner Mutter geschenkt bekommen. Ich kann mich noch ziemlich genau daran erinnern, wie ich mir meinen Geldbeutel schnappte, um zur örtlichen Tankstelle zu gehen und mir dort die „Banzai“ zu kaufen.

Jassy:
Wahrscheinlich ein „lustiges Taschenbuch“ oder Mickey-Maus-Heft. Ich wuchs mit den klassischen Disney-Filmen auf (Schneewittchen, Robin Hood, Aristocats...) und bin immer noch ein großer Fan der Familie Duck. Der erste Manga, den ich mir gekauft habe damals, war „One Piece“ Band 6. Ich habe damals den Anime im Fernsehen verfolgt und war so begeistert davon, dass ich den Manga dazu lesen wollte. Leider hatte der örtliche Buchladen damals nur den sechsten Band auf Lager...

Aquarell Illustration von Phie

Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?

Phie:
Momentan mag ich die Comics aus der Reihe „Get your man“ (Human After All, 90er Jahre Alternate Universe) von Kamidog, „Iakes“ von Miri Chuuei und „Camp Mt. Madness“ von Chop.

Jassy:
Die Get-Your-Man – Reihe von unserer gemeinsamen Freundin Kami: Niedliche Figuren in verschiedenen Szenarien und Zeitepochen, ein Hauch Situationskomik, gewürzt mit einer Prise (humorvoller) Erotik und fertig sind die seltsamen, aber liebenswerten Abenteuer des Mounties Francis und seines Partners Charles. Besonders „Human After All“ - eine futuristische Sci-Fi/Slice-of-life Episode, in der Francis ein Roboter im Stil der Band Daft Punk ist – hat es mir angetan.

Vielen Dank für das Interview!

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Weitere Links + Interviews:

Jassy und Phie bei myComics:
Jassy , Phie

Jassy und Phie im Web:





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