"Neben den Themen wie "Kaffee" oder "Montag", gehört ein 24h Comic "wie ein 24h Comic entsteht" zum Kanon der Comic Kunst"
Für Comiczeichner Bobrovic gehören die 24 Stunden Comics zum festen Bestandteil seiner Comicjahrs. Sein aktueller Beitrag "Martinas 24h Martyrium" ist sein elfter 24h Comic und ist gleichzeitig humorvolle Reflektion der Aufgabe und mit Bravour gelöster Challenge.
Im Interview erzählt Bobrovic vom Reiz der 24-Stunden-Comics, von Höhen und Tiefen, und gibt Tipps für den Zeichen-Marathon:
Du hast schon mehrmals bei einem 24-Stunden-Comic-Tag mitgemacht, was reizt dich daran?
Die Herausforderung an sich. Jedes Jahr möchte ich mir beweisen, dass ich es schaffe. Ich versuche dann noch ein wenig effizienter zu sein und sehen, wo ich Zeit einsparen kann. Manchmal probiere ich auch einen besonderen Gimmick aus, z.B. auf Bierdeckeln zeichnen (in Beer Matters) oder 24 Mal einen einseitigen Comic Strip.
Am Schluss hat man dann eine etwas längere Geschichte in den Händen. Vielleicht nicht ganz perfekt, aber dafür fertig. 24 Seiten entsprechen in etwa einem halben Comic Album oder ein Manga Kapitel. Ich lade sie dann hier, auf www.mycomics.de, hoch. Jene, die ich für besonders gelungen halte, werden noch ausgearbeitet und als richtige Hefte gedruckt.
Was ist dein persönlicher Favorit bei deinen 24-Stunden Comics?
Das wäre SOMBER. Ein Comic den ich außerhalb meiner Komfortzone gemacht habe, ohne Gags oder lustigen Dialoge. Zu der damaligen Zeit fühlte ich mich auch nicht sehr komfortabel. Ich bin sehr spontan und ohne grosse Vorbereitung ans Werk gegangen. Es ist auch eine versteckte Hommage auf alte AMIGA (Rollen) Spiele – Vergangenheitsbewältigung sozusagen ;)
Ein weiterer 24h Comic den ich sehr mag ist “MFI: Magical Fairy Investigators”, ein spannender Krimi in der Märchenwelt. Ich mag die Geschichte sehr, bin aber nicht mit den Zeichnungen zufrieden. Deshalb habe ich sie noch nicht veröffentlicht. Ich habe mir vorgenommen, die Story nochmal “in schön” zu zeichnen, also stay tuned.
Was sind deine persönlichen Erfahrungen, wie hat sich deine Herangehensweise im Lauf der Zeit verändert?
"Martinas 24h Martyrium" ist mein elfter 24h Comic, deshalb kann ich auf einen gewissen Erfahrungsschatz zurückblicken. Mein Ziel ist es fertig zu werden, deshalb nehme ich mir auch nicht zu viel vor. Frei nach dem Motto: “So wenig wie möglich, so viel wie nötig”. Es ist besser 24 unperfekte Seiten zu haben, dafür sind sie fertig. Ausarbeiten und “polieren” kann man immer noch, das ist dann die “Kür”. Statt jede einzelne Seite für sich zu betrachten, versuche ich das “Große Ganze” zu sehen und Vorgänge, wo es möglich ist, zu “automatisieren”. Was sind deine positivsten und negativsten Erinnerungen daran? Schöne Erinnerungen sind immer die, an Leute, den man an einem 24h Comic Marathon begegnet. Ich bin immer wieder aufs neue entzückt, welche kleinen Meisterwerke an den Arbeitsplätzen neben mir entstehen. Das Gefühl des Zusammenhalts während dieser kreativen “Extremsituation” ist auch einzigartig. Die kindliche Freude, lang aufbleiben zu dürfen, zusammen mit der lockeren Atmosphäre einer LAN-Party und einem kleinen Erfolgsrausch, sobald man fertig ist.Es ist schön, nach Jahren, seine Werke nochmal in die Hand zu nehmen und sich zu erinnern wie und wann sie entstanden sind. Die negatistenven Erinnerungen sind jene, an die körperlichen Auswirkungen vom stundenlangen zeichnen. Oft schmerzt tagelang der Arm oder die Finger sind taub. Auch leidet man hinterher an einem “post 24h Comic Jetlag”. Zum Glück halten die Symptome nicht zu lange an, sodass ich mich das nächste Jahr wieder freiwillig dieser “Tortur” unterziehe ;)
Welche Tipps würdest du anderen für einen 24 Stunden Tag geben?
Die meisten “Tipps” in meinem Comic sind eher mit einem Augenzwinkern zu betrachten aber einige haben einen wahren Kern. Anhand meines Ablaufs kann ich erklären, welche Tricks ich mir angeeignet habe, um einen 24h Comic fertig zu bekommen.
Eigentlich sollte ein 24h Comic immer komplett innerhalb der vorgegebenen 24 Stunden entstehen, inklusive der Story. Man darf keine Skripte oder Storyboards zu einem 24h Comic Event mitbringen. Es schadet aber nicht, sich schon Tage oder Wochen im Voraus Gedanken zu machen, welche Art von Geschichte man machen möchte, welches Setting, welches Genre, welche Figuren. Vor allem was die Auflösung, die Schluss-Pointe ist. Hat man ein gutes Ende im Kopf, kann man sich besser auf die Hauptgeschichte konzentrieren.Es ist auch nicht gesagt, dass es immer nur eine einzige Geschichte sein muss. Man darf seine 24 Seiten frei einteilen, zum Beispiel mit mehreren, kürzeren Geschichten, wie bei meinem Comic "Beer Matters" oder 24 einzelne Comic Strips wie in Meow Meow PFT PFT!!
Als aller Erstes schreibe ich mir eine Gliederung auf, wo stichwortartig der Ablauf der Geschichte steht. Danach mache ich mir einen Comic “Dummy”, eine sehr vereinfachte Vorabversion des fertigen Comics. Ich nehme 6 Blätter und falte sie in der Mitte, dadurch erhalte ich 24 kleine Seiten. Dort lege ich die Anordnung der Panels fest und skizziere ganz grob den Aufbau der Zeichnungen. Auch die Dialoge entstehen bereits dort und werden so in den fertigen Comic übernommen.
Ich zeichne nun die Rahmen der Panels und benutze dabei ein Raster, das ich drunter lege und abpause. Ich mache das für alle 24 Seiten in einem Arbeitsaufwand. Danach übertrage ich die Dialoge in die Panels. Das erscheint vielleicht übertrieben, aber ich möchte mich spät nachts oder am frühen Morgen nicht mehr mit Text und Buchstaben beschäftigen müssen. Man kann auch diese Weise gewisse Workflows bündeln. Ist die “lästige Pflicht” erledigt, kann ich mich nun auf das Zeichnen konzentrieren. Weil man mit der fortschreitenden Zeit nicht schneller und besser wird, zeichne ich die wichtigen und komplexen Sachen zuerst. Ich nutze die Panels, wo eine Figur ganz zu sehen ist, um die Hauptmerkmale zu definieren, danach benutze ich es als Referenz. Mein “Dummy” dient mir als Orientierung und erlaubt es, Seiten nicht der Reihe nach bearbeiten zu müssen.Dinge, die man ständig zeichnen muss, z.B. Kleidung, Frisur, Fahrzeuge der Hauptfigur, sollten nicht zu detailreich sein.
Wenn ich mit den Lines fertig bin und noch genug Zeit übrig ist, kann ich mir eine reduzierte Kolorierung vornehmen. Auch hier immer nur eine Farbe nach der anderen für alle 24 Seiten am Stück verwenden. Fehlt eine bestimmte Farbe im gesamten Werk, fällt das nicht weiter auf. Hört die Kolorierung mitten drin auf, wirkt der Comic unfertig. Hier folge ich dem Motto: “Jedes Werkzeug (Stift/Farbe) nur einmal in die Hand zu nehmen. Wie es schon in meinem Comic heisst: “Künstlerisches Talent ist nur die halbe Miete, die andere Hälfte ist knallhartes Zeitmanagement”.
Danke für das Interview!
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24 Stunden Comic Archiv
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