Donnerstag, 8. März 2012

Interview mit tigermuse ("Nützliche Apps")



Der Cartoon-Wettbewerb war das erste Highlight des myComic-Jahres. Bereits im Vorfeld gingen über 50 Cartoons live, und auch nach dem Start des Wettbewerbs ging eine wahre Cartoon-Welle durch die Seite. Einer der ambitioniertesten Zeichner dabei war tigermuse mit seiner Ei-Toons-Serie: 23 Stück davon gingen online. Nach einem spannenden Kopf-an-Kopf-Rennen landete tigermuse mit seinen Beitrag "Nützliche Apps" auf Platz 1. Herzlichen Glückwunsch!

Woher kam die Idee zu „Nützliche Apps"?

Ende Januar hatte Harald Schmidt in seiner Show einen Gag über diese Musik-Erkennungs-App. Wenn irgendwo „Hey Jude“ von den Beatles laufe, sage ihm das Handy: Das ist „Hey Jude“ von den Beatles. Seit einiger Zeit wollte ich auch schon einen App-Gag in einem Cartoon oder Comic unterbringen, aber es ist schwierig, das abstrakte Unbehagen, das diese neue Trivial-IT in mir auslöst, zeichnerisch umzusetzen.

Die Erkenntnis, dass auch dieser Beatles-Gag im Cartoon nicht funktionieren würde, bot dann für mich aber auch gleich die Lösung: Ich müsste noch trivialer vorgehen. Dadurch entstand dann die Idee mit dem Männchen, das über sein Smartphone die Welt und die selbstverständlichsten Vorgänge in ihr entdeckt.

Weil ich im Comic-Blog den Hinweis gelesen hatte, dass es beim damals nächsten Wettbewerb um Cartoons gehen würde und ich keine alten nehmen wollte, befand ich mich im Massenproduktions-Modus. Somit war „nützliche Apps“ eine ziemlich schnelle Angelegenheit und das erste Mal, dass ich eine Bilder-Serie mit dem gleichen Hintergrund erstellte.

Eigentlich war die Figur des App-Deppen gut genug, um eine Serie daraus zu machen, aber ich habe nur einen weiteren geschafft. Denn dann kamen die „Ei-Toons“ dazwischen, auch inspiriert von der App-Kultur, zumindest was den Namen anbelangt.


Cover des Ei-Toons-Hefts (Klicken für XL-Ansicht)

Woran arbeitest du gerade?
Jetzt mache ich erstmal ein „Ei-Toons“-Heftchen für den Weildarum-Verlag fertig – natürlich bis spätestens Ostern. Da ich nicht nur ein Heft mit Cartoons machen will, wird das Ganze noch mit ein paar Ei-Comics aufgefüllt. Zur Zeit arbeite ich noch an einer „hardboiled“ Geschichte, in der es natürlich um Private Eis geht.

Bei Weildarum hatte ich auch 2010 bei dem „(Vor-)letzte Geräusche“-Buch von Steffen Gumpert und Dennis Metz mitgemacht. Aus der Zusammenarbeit entstand dann die Idee, eine Reihe von Comic-Heften in Kleinauflagen herauszubringen. Bisher stehen „Team Bob“ von Steve M. Clements und „Wild Winds“ von mir in den Startlöchern. Und natürlich die Eier. Vom dadaistischen Approach her passen die ganz gut zu „Team Bob“. „Wild Winds“ ist ein recht umfangreiches Western-Projekt, hier eine Skizze daraus:

Ursprünglich wollte ich eine deutsche Auswanderergeschichte aus den 1840er-Jahren erzählen, aber dann kam ganz automatisch das Bedürfnis, eine Geschichte aus der für das Genre typischsten Zeit, den 1860er/1870er-Jahren, zu erzählen. Darum wird es im ersten Heft gehen. Die Heldin ist eine Nachfahrin der Siedler aus der Auwanderergeschichte. Sie reitet als Scout bei einem Treck von Kalifornien nach Colorado mit und trägt ein dunkles Geheimnis mit sich.

Das Heft soll bis zum diesjährigen Gratis-Comic-Tag fertig sein und auch für sich alleinstehen können, aber der Serien-Gedanke bleibt im Hinterkopf.

Eine Welt ohne Comics wäre für dich … ?
Deutschland?
An eine gewisse Verknappung ist man schon gewöhnt, wenn man in Deutschland aufgewachsen ist. Mit fünfteiligen Serien, die nach dem vierten Teil eingestellt werden, unauffindbaren Kindheitserinnerungen ...
Allerdings war das Angebot im Fachhandel, glaube ich, nie so gut wie heute, eine meiner Lieblingsserien aus meiner Kindheit, die vor allem in der Zeit vorm Internet für mich verschollen blieb, hat der Piredda-Verlag gerade als schön aufgemachte Gesamtausgabe herausgebracht: „Die Gifticks“.

Wie sieht ein normaler Wochentag bei dir aus? Wie viel Zeit verbringst du mit Zeichnen?
Viel. Bei der Entwicklung von „Wild Winds“ ging das schon so bis zu sechs Stunden, dann noch Bildbearbeitung. Im Februar war es etwas weniger Zeit am Tag, weil die Eier so schön einfach waren, dafür aber kontinuierlicher.

Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?
Ich fand „Achtung Baby“ von Stefan Probst toll und bin dann auch intensiver beim Wettbewerb eingestiegen, als das Comic drohte abzusinken. Besonders gut daran gefällt mir, nach der Lektüre des Interviews mit Stefan Probst, dass er die Platte offensichtlich gut findet, während ich damals schon bei „The Joshua Tree“ ausgestiegen bin. Es ist, glaube ich, ein sehr gutes Zeichen, wenn ein Comic auch über verschiedene Lesarten funktionieren kann.

„X“ von Elbe-Billy hat mir sehr gut gefallen, mein Favorit für den Sondermann 2012, „Der Apfel“ von Michael Wild, „Entoman“ von Def, die autobiographischen Comics von Peter Schaaff haben mir sehr gut gefallen und im aktuellen Wettbewerb habe ich meine Stimme bisher für „Der Zug der Argonauten“ von Steffi Oberheim und für „Stolz und Schadenfreude“ von Jishin abgegeben.

Danke für das Interview!

Und noch eine Frage: hast du eine eigene Webseite oder ein Blog?
Meine Blog-Adresse lautet: http://tigermusecomics.blogspot.com
Eine Verlinkung wäre vielleicht mal eine Motivation den wiederzubeleben ;P


Update, einige Tage später:
.... so, der Blog ist jetzt wieder in Betrieb genommen: Let's Talk about eggs, baby.

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Weitere Links + Interviews:
Mehr von tigermuse auf myComics.de: tigermuse - Übersicht

Mehr von tigermuse online:
tigermuse Comics Blog

Link zum vorherigen Interview: "Aphrodyle" - Interview mit tigermuse

Weitere Interviews mit myComics-Wettbewerb Gewinnern gibt es hier: myComic-Interviews

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