Montag, 29. Dezember 2014

Interview mit Helen Aerni ("Instinkt")


"Todesangst? Quatsch Beschützerinstinkt..."

Der aktuelle myComics-Wettbewerb Identity/Crisis drehte sich um das Thema Persönlichkeit, aus ganz unterschiedlichen Perspektiven. Mit ihrem Comic "Instinkt" geht Helen Aerni in einem 24h-Comic auf das Thema Beschützerinstink ein und erreichte damit den ersten Platz.

Wie immer wollten wir mehr zu den Gewinner-Comics wissen, und haben Helen Aerni zu "Instinkt", ihrer eigenen Comic-Geschichte und zu aktuellen Projekten befragt:

Woher kam die Idee zu deinem Comic „Instinkt“?

„Instinkt“ ist ein Fragment meines Webcomics und auch die Vorgeschichte zum Chibi "Die Spur". Ich wollte dem Charakter Andi noch etwas mehr Hintergrund verleihen und zeigen unter welchem Druck sie steht. Ich entwickle Geschichten in der Regel vom Charakter ausgehend. Andi definiert sich vor allem durch ihren Beschützerinstinkt. Sie hat auf der Strasse aber auch gelernt zu überleben und ist vielleicht doch etwas zu fasziniert von der Gefahr, welche da lauert. Die Szenen entstanden daher relativ spontan am 24 Stunden Comictag.

Cover zum Webcomic "Fragmente"

Dein Comic „Instinkt“ ist bei einem 24 Stunden Comictag entstanden. Was sind deine persönlichen Erfahrungen und Eindrücke von den 24-Stunden Comictagen?

Ich finde die Atmosphäre toll, wenn wie in Winterthur um die 60 Zeichner an der Arbeit sind. Leider fehlt mir jeweils die Zeit durch den Raum zu schlendern und all die unterschiedlichen Zeichner und Stile zu bewundern. Am Schluss werden die fertigen Geschichten als Hefte ausgelegt, wo ich den einen oder anderen Comic doch noch zu lesen bekomme.

Eigentlich sollte man ja unvorbereitet an die 24 Seiten des Comics herangehen, aber wenn ich die Zeit investiere, will ich doch mit einer Idee als Ausgangslage starten. Ich bewundere die Leute, die einfach loszeichnen können, aber auch diejenigen, die weniger Comics zeichnen sondern eher aus der Illustration kommen und dann was ganz eigenes schaffen. Ich falle unter Zeitdruck in meine Komfortzone zurück und mache möglichst nur das, was ich kann. Auch nach ein paar Jahren Erfahrung bin ich immer wieder unsicher, ob ich es schaffe, bzw. ob ich die Qualität der ersten Seite bis zur letzten konsequent durchziehen kann. Nach ein paar Stunden Arbeit finde ich dann allerdings in den Flow, wonach es einfacher vorwärts geht. Für mich ist das eher eine aussergewöhnliche Erfahrung, da ich selten so lange am Stück arbeite. Gegen den Morgen kommt schliesslich die Müdigkeitskrise und die schmerzende Hand, wo es einfach ums durchhalten geht. Mit dem Aufgehen der Sonne fühle ich mich dann wieder etwas fitter und kann nochmals die Energie sammeln, um dem Endspurt entgegenzutreten.
Ausschnitt aus "Erinnerungsstücke"

Welche Tipps würdest du andere für die Teilnahme an einem 24-Stunden Comictag geben?

Ausgeruht kommen und eine Technik wählen, die einem liegt. Ich persönlich habe für mich die blauen Vorzeichnungen entdeckt. Das spart Radierzeit und ich zeichne viel freier, wenn ich einen blauen Buntstift in den Fingern habe, als einen Bleistift. Man sollte sich auch nicht zu viel Druck machen. Am besten setzt man sich als Ziel die 24 Stunden durchzuhalten, statt jedes Panel perfekt gestalten zu wollen. Fehler korrigieren oder Details ergänzen kann man auch später, wenn noch Zeit übrig bleibt. Lieber fliessen lassen, oft kommen dabei die bessere Zeichnungen raus, als man erwartet hätte.

Wann hast du mit dem Comiczeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?

Comics habe ich ca. mit 8 Jahren entdeckt und weil ich damals schon gerne zeichnete, habe ich natürlich auch die Figuren abgezeichnet. Ich habe 3 Seiten von einem Lucky Luke Comic gezeichnet, in denen es darum ging, wie Jolly Jumper sich verliebt. Allerdings hatte ich die Geschichte nicht wirklich zu Ende gedacht, geschweige denn jemals weiter gezeichnet. Danach wurden meine Ansprüche an mich selbst zu hoch, als dass ich dazumal einen Comic angefangen hätte, obwohl ich immer wieder an Ideen bastelte. Mit 16 entdeckte ich schliesslich Mangas und Animexx. Die Doujinshis (Fancomics) auf Animexx motivierten mich doch anzufangen und die Geschichten zu veröffentlichen, auch wenn sie nicht auf einem professionellen Level waren. Das ich dann LeserInnen hatte und Rückmeldungen erhielt, gab mir die Motivation weiter dranzubleiben.


Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:

Das müsste ein Arielle Heft gewesen sein. Die anderen Comics, die ich las, gab es in der Bibliothek (Tim & Struppi, Asterix, Lucky Luke und Yoko Tsuno).

Woran arbeitest du gerade?

An den Webcomics „Fragmente“ und „Fuchsteufelswild“, die eigentlich zusammen gehören. Das zweite, aktuelle Projekt ist mit einem Autor und einer Band zusammen und soll ein Konzert ergeben, das eine Geschichte in Songs und projizierten Comics erzählt.

Cover zu "Fuchsteufelswild"

Was sind deine aktuellen Favoriten auf myComics?

Send in the Clouds“ und „Das kleine Ich“ die auch im Wettbewerb waren, finde ich toll. „Daneben“ von Tacaret und die Geschichten von Nadia Bader gefallen mir auch sehr gut. Vor allem finde ich es toll, dass es auf myComics so viele unterschiedliche Stile und Geschichten gibt. Da kann ich zwischendurch einfach etwas surfen und mich inspirieren lassen.

Vielen Dank für das Interview!

Helen Aerni Ausstellung 
Im Februar stellt das Kulturzentrum Alten Kaserne in Winterthur Helen Aerni vor! Mehr dazu auf der Webseite des Kulturzentrums:
Comics, Cartoons & Karikaturen im Bistro: HELEN AERNI – COMIC FRAGMENTE

 




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Weitere Links + Interviews:

Helene Aerni bei myComics:
Instinkt , Realitätssinn , Zigarettenpause

Helene Aerni im Web:
Website , Facebook

Weitere Interviews mit myComics-Wettbewerb Gewinnern




Donnerstag, 18. Dezember 2014

Die besten Comics des Jahres




DIE BESTEN COMICS DES JAHRES

Wie auch in den Vorjahren hat der Tagesspiegel eine Jury aus Fachjournalisten engagiert, um die besten Comics des Jahres zu wählen. Zu den Gewinnern gehören dieses Jahr überraschend viele Comiczeichnern und Autoren aus dem Inland. Ein weiterer Trend sind biografische Erzählungen:




Den ersten Platz erreichte die Graphic Novel „Irmina“ der Münchner Zeichnerin Barbara Yelin, die darin das Leben einer jungen Frau in der NS-Zeit porträtirert

Von München geht es nach Berlin zu Platz 2: "Kinderland" ist eine autobiografisch inspirierte Erzählung des Berliner Comicautors Mawil, die im Ost-Berlin des Jahres 1989 spielt (Leseprobe bei myComics: Kinderland)



An dritter Stelle folgt der erste ausländische Titel: „Come Prima“ vom französischen Zeichner Alfred, eine ebenfalls von der eigenen Familiengeschichte inspirierte Erzählung.

Interessant für Webcomic-Zeichner: den vierten Platz belegt ein Comic, der als Webcomic entstand: „Sin Titulo“ von Cameron Stewart, ein Kanadier, der in Berlin lebt. Eine Leseprobe ist bei myComics online: "Sin Titulo"



Auf Platz fünf folgt eine tagebuchartige Graphic Novel : "Schattenspringer" von der Berliner Autorin und Zeichnerin Daniela Schreiter, die darin über ihre Kindheit und Jugend als Asperger-Autistin berichtet. Eine Leseprobe ist bei myComics online: "Schattenspringer"

Auch ein Manga ist unter den besten Comics: "Die Stadt, in der es mich nicht gibt“ von Kai Sanbe.

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LINKS
Alle 10 Plätze gibt es beim Tagesspiegel im Überblick: Die besten Comics des Jahres
Der Tagesspiegel hat auch eine Leserumfrage organisiert, die gesammelten Comictipps der LeserInnen gibt es ebenfalls online.
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Dienstag, 16. Dezember 2014

Internationaler Comic-Wettbewerb „Animate Europe 2015”



Internationaler Comic-Wettbewerb  “Animate Europe 2015” 

Das Brüsseler Büro der Friedrich Naumann Stiftung für die Freiheit hat in 2013 den ersten Comic-Wettbewerb zum Thema Europa ausgeschrieben, nun folgt "Animate Europe 2015": 

"Auch an dieser zweiten Ausgabe unseres Wettbewerbs, diesmal mit dem Titel “Europe Fast Forward” darf jeder teilnehmen, der uns eine graphische Kurzgeschichte zur Zukunft Europas erzählen möchte!"

Teilnahmebedingungen:
  • Zur Anmeldung die erste Seite sowie eine Zusammenfassung der Geschichte in Textform bis Sonntag, 15. März 2015 einreichen 
  • Ende März wird die Jury, bestehend aus Valérie Constant (Geschäftsführerin, Apropos Kommunikationsagentur), Willem De Graeve (Geschäftsführer, Begisches Comiczentrum), Paul Gravett (Comicexperte) und Andreas C. Knigge (Comicexperte) sieben Finalisten auswählen, die gebeten werden, ihre graphische Kurzgeschichte auf acht Seiten bis Ende August 2015 auszuarbeiten. 
  • Die Finalisten erhalten eine Förderung von 800€. Ihre Beiträge werden nach Ende des Wettbewerbs in einem Sammelband veröffentlicht. 
  • Der Gewinner wird im Rahmen der Preisverleihung im Belgischen Comiczentrum in Brüssel bekannt gegeben und erhält ein Preisgeld von 500€
Infos zum Wettbewerb gibt es online in englisch und auf der gleichen Seite weiter unten in deutsch: Animate Europe 2015

Donnerstag, 11. Dezember 2014

Comic-Doku: Besuch bei Hokusai, dem 1. Mangaka


Der japanische Künstler Hokusai gilt als erster Mangaka der Geschichte. 

"Die große Welle vor Kanagawa" zählt zu seinen berühmtesten Holzschnitten. Neben seinen rund 30.000 Zeichnungen und weltberühmten Holzschnitten, welche die Kunstgeschichte beeinflusste, schhuf er auch Gemälde, schrieb und illustrierte volkstümliche Romane und prägte den bis heute populären Begriff des Mangas.

Eine Dokumentation bei arte zeigt den japanischen Blick auf Hokusais Werk, indem er japanische Kunstkenner und Sammler zu Wort kommen lässt. Die Doku ist bis 17.12. im TV-Archiv von arte abrufbar.

Link zur Filmseite: Besuch bei Hokusai

Montag, 8. Dezember 2014

Identity/Crisis: and the winner is...


Gratulation! 
Die Gewinner des "Identity/Crisis"-Wettbewerbs stehen fest! 
Glückwunsch - und Danke an alle, die mitgevotet haben! Mit den Gewinnern setzen wir uns direkt in Verbindung.

Links
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Donnerstag, 4. Dezember 2014

Musik trifft Graphic Novel: Der 5. Beatle, The Killjoys und neu: Perkeros



 "Der fünfte Beatle" und "The True Lives Of The Fabulous Killjoys" 

Mit "Der fünfte Beatle" und "The True Lives Of The Fabulous Killjoys" hat Panini Comics dieses Jahr bereits zwei Graphic Novels veröffentlicht,  in der eine Band und ihre Musik im Mittelpunkt steht:

"Der fünfte Beatle" erzählt die wahre, unbekannte Geschichte von Brian Epstein, dem Visionär, der die Beatles entdeckte, managte und sie zu bis dahin unerreichtem Starruhm führte, während er auf dem Weg die Regeln des Popmusik-Business änderte. Aber Brian Epstein war auch ein Außenseiter, der beständig den Platz im Leben suchte, wo er hingehörte - und der mit 32 Jahren einsam starb. Leseprobe: Der fünfte Beatle

Im Gegensatz dazu ist "The True Lives Of The Fabulous Killjoys"eine fiktive Story, die aber ganz real musikalisch bei der Band "My Chemical Romance" auf dem Album "Danger Days" begann - dort kämpften die Killjoys gegen den tyrannischen Megakonzern Better Living Industries.
Leseprobe: The True Lives Of The Fabulous Killjoys



Perkeros: Eine Graphic Novel über Finnland, Freundschaft, Liebe und die Magie dunkler Metal-Music

Mit "Perkeros" ist nun eine 3. Musik Graphic Novel erschienen, die aus Finnland kommt. Finnland ist bekannt dafür, ein Zentrum für Musik der harten Ausrichtung zu sein. Heavy Metal, Hard Rock, Gothic Rock (...), die Vielfalt ist enorm und deckt das gesamte Spektrum ab. Warum ausgerechnet die Skandinavier – allen voran die Finnen – eine Vorliebe für dieses Genre haben, darüber gibt es viele Mutmaßungen. Dunkelheit und Kälte, die im Norden die überwiegende Zeit im Jahr herrschen, werden dabei oft als Grund angegeben – sich beim wilden Tanzen aufzuheizen, Aggressionen und Depressionen von sich zu schütteln, das klingt einleuchtend. Darüber hinaus ist es aber auch eine Lebenseinstellung.
Eine Leseprobe der Graphic Novel ist online bei myComics: "Perkeros"

Perkeros 
Die Musik drückt am besten aus, wie die Menschen, die den rauhen Lebensbedingungen Finnlands trotzen, sich selbst sehen: unbeugsam, hart, melancholisch. Und sie passt auch perfekt zur Geschichte und zu den düsteren Mythen des Nordens. Schönheit, Melancholie, Freude, Kampf, Freundschaft, Magie … das alles liegt in der Metal-Music.

All diese Elemente haben auch JP Ahonen und KP Alare aufgegriffen und in ihrer Graphic Novel verarbeitet: Die avantgardistische Metal-Band Perkeros versucht nach oben zu kommen. Die Gruppe träumt vom großen Auftritt und von der ersten CD, schafft es allerdings nur zu kleinen Gigs, die eher im Bierdunst und in Prügeleien enden, als in Ruhm und Applaus. Dabei hat die Band es drauf … oder hätte es, wenn nicht ausgerechnet Bandleader, Gitarrist und Sänger Akseli der Schwachpunkt der Formation wäre. Er ist hyper-nervös und strebt eine Perfektion an, die er selbst (vor allem beim Singen) nicht bringen kann – ist aber zu egozentrisch, das zu erkennen und überhaupt total abgehoben.

Seine Fixierung auf die Musik macht ihn unfähig, sich zu entwickeln – die Band und sein Leben entgleiten ihm zusehends. Eigentlich ist es Keyboarderin Lilja, die die Band zusammenhält. Sie sorgt für Gigs, bringt einen neuen Sänger und schafft es immer wieder Akseli zu erden, damit er zumindest einen Teil seines Könnens freilegen kann. Sie eröffnet der Band schließlich auch die Chance zum großen Auftritt beim Rocktoberfest – ein Auftritt, der für Perkeros alles ändern wird, vor allem aber für Akseli ... wenngleich anders, als er denkt.

Ahonen und Alare fangen in ihrem Erstlingswerk den Spirit des Finn-Metal wundervoll ein und auch die Zeichnungen und Farben, die vor allem mit Ockertönen und Schwarz spielen, passen perfekt zur Stimmung der Geschichte. Eigentlich sind es ja zwei Geschichten, denn verwoben mit der Story um die Band, Freundschaft, Liebe und Musik gibt es noch einen mystischen Handlungsstrang. Der beschreibt Akselis Weg zur magischen Macht des Metal und macht es obsolet danach zu fragen, warum ein Bär bei Perkeros am Schlagzeug sitzt – kann aber auch als Meta-Ebene gelesen werden, deren Bilder zum Nachdenken anregt und dabei hilft, Akselis Gefühlswelt und das Wesen des Metal zu verstehen.

Montag, 1. Dezember 2014

Countdown beim Identity/Crisis Wettbewerb


Die letzte Woche im "Identity/Crisis"-Wettbewerb läuft!

Auf den vorderen Plätzen liegen "24h Comic - Instinkt" von Helen Aerni, "mondkind - Pillen" von Frank Tönsing, "Das kleine Ich" von Yinfinity, "Der Makel" von Matze Latz und "Facettenmann" von Piers Goffart.

Jetzt nochmal voten: Wettbewerb Identity/Crisis

Der Wettbewerb läuft bis zum 8. Dezember. In diesem Zeitraum kann jeder registrierte User alle 24 Stunden seine Stimmen abgeben und so seinen Favoriten zum Sieg verhelfen. Gewinner des Wettbewerbs wird der Teilnehmer, der am Ende die meisten Stimmen erhält.