Nach dem spannenden Finale im November-Wettbewerb haben wir diesmal alle 3 Gewinner etwas ausführlicher interviewt. Den zweiten Platz gewann Michael de Andrade mit dem philosophischen Sci-Fi Comic "Reinkarnat": eine Reise zu elementaren Themen des Lebens in starker Umsetzung. Woher kam die Idee zu „Reinkarnat“?Michael: Ich habe ja schon einige Jahre hinter mir und habe mich oft mit den existenziellen Grundfragen Schöpfung, Leben, Tod und Wiedergeburt beschäftigt. Ab und zu in der Bibel geblättert und natürlich aufmerksam den aktuellen Trend zur Spiritualität beobachtet.
Ein Reinkarnat ist eine fiktive Definition von Gott, ich habe mich natürlich vom Genesis inspirieren lassen, sowie Aspekte aus anderen Religionen aufgegriffen. Das Leben selber beschreibe ich nur als Mittel zum Zweck. Das heißt die Erfahrungen der erfolgreichsten Reinkarnationskette, egal ob mal als Mensch oder Tier, endet in der Geburt eines neuen bzw. mit der Weitergabe an einen existierenden Reinkarnaten. Er wird von den Elementen geschaffen, die uns in Wahrheit kontrollieren, ausprobieren und sogar benutzen um die Erfahrungen des aus ihnen stammenden Lebens zu erhalten um diese an andere jungfräulichen Welten durch Reinkarnaten weiterzugeben, wenn die Zeit gekommen ist. Die stärkste überlebende Wiedergeburtenkette konzentriert sich auf ein Bewusstsein und findet sich in einem Reinkarnat wieder.
Der Tod also ist hier ein Wandlungsprozess und wir gehen nicht verloren. Wir finden uns irgendwann und irgendwo als irgendwas wieder, manchmal mit oder ohne Erinnerungen an frühere Leben.
Jeder bewohnte Planet gibt letzt endlich diese Information weiter um die Schöpfung einer neuen Welt zu beeinflussen. Die Endlichkeit eines jeden Planeten ist somit unwichtig. Die gewonnenen Erfahrungen werden praktisch in die neue Welt initiiert und in deren Elementen gespeichert um Evolutionsfehler zu vermeiden.
Am Ende aller Lebenszyklen wird der Reinkarnat wieder eine Struktur und nimmt die hinzugewonnenen Erfahrungen wieder auf oder wird neu geboren, je nach der Ausgangssituation...und dann geht das ganze wieder von vorne los.
In meinem Beitrag
Reinkarnat gibt es sogar eine Verschmelzung mehrerer Reinkarnaten. Das Leben verfolgt also ein höheres Ziel, und ebenso tun dies die Reinkarnaten jedoch auf einem anderen Level.
Ich benutze die Reinkarnaten im wesentlichen als Träger einer allgegenwärtigen Erzählebene, das heißt Reinkarnaten nehmen ihre neue Schöpfung war und sind weiterhin existent, sie haben aber selber keinen weiteren Einfluss auf das Geschehen. Sie beobachten und erzählen dem Leser was sie sehen oder wahrnehmen. (Und warum das so ist wird den Lesern auch noch irgendwann erklärt).
Ich habe lange überlegt wie ich diesen Stoff darstellen kann, die herkömmliche Tusche hätte das nicht rübergebracht, also habe ich mit dem Computer experimentiert bis ich die ersten brauchbaren Ergebnisse hatte. Ich stelle den Reinkarnaten in dieser Version als geometrische Form dar, das macht den Stoff zunächst leichter verständlich, ist aber noch nicht das Optimum. Es wird also irgendwann mal ein Remake geben.
Es ist eine Geschichte in der nicht ein einziges Lebewesen zu sehen ist und doch das Leben zum Thema hat. In wenigen Seiten werden viele Grundfragen angesprochen. Das Leben nach dem Tod, Umweltzerstörung, der Sinn des Lebens und vor allem Hoffnung.
Wie gesagt, es war ein in sich abgeschlossenes Experiment, das für mich überraschend, Anklang gefunden hat und jetzt weitergeführt wird.
Wann hast du mit dem Comicschreiben und Zeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?
Michael: Das war etwa 1972/1973. Ich erinnere mich noch sehr gut an diese Zeit. Damals gab es Rolf Kaukas
Fix & Foxi und
Die Fantastischen Vier,
Die Spinne etc von BSV,
Superman, Horror,
Felix von Bastei und
Zack. Ich musste diese Hefte einfach haben, der typische Geruch dieser Comics zieht mich noch immer an, denn ich habe meine alten Hefte noch immer in einem hervorragenden Zustand. Die Folien zu öffnen und wieder mal daran zu schnuppern versetzt mich oft zurück in diese Zeit.
Zunächst war ich von Fix & Foxi beeinflusst, mir gefiel schon damals die Atmosphäre besser als Disneys Mickey Maus oder Donald Duck. Ich entwarf eine eigene Figur "Pete". Ein Hund der durch Lupo inspiriert war. Täglich versuchte ich mich zu verbessern, war aber ein Einzelgänger mit meinen Interessen.
Ich war aber auch inspiriert von einem bekannten Mannheimer Künstler
Professor Paul Berger-Bergner (Bekanntes Bild: Das Gaskind) der im selben Stock wohnte wie ich und mir verschiedene Techniken beibrachte.
Alles sollte sich 1974 ändern, ich zog um und hatte einen Freund der ebenfalls mit dem Comiczeichnen anfing. Es kam sogar 4 Jahre später noch ein Dritter hinzu.
Wir tauschten uns aus, versuchten uns gegenseitig übertrumpfen… machten selten mal was fertig und wurden von unseren Ideen wie von einer Lawine überrollt.
Ab 1977 erst wagte ich mich an längere Geschichten, die sogar schon das räumliche Ende des Universums beschrieben. Ich werde einige Sachen noch überarbeiten und hier vorstellen.
Zombiewahn von 1980 und
Massenmörder Hartmann von 1982 liegen ja bereits vor.
Ich habe nie dieses Handwerk richtig gelernt und habe mir alles selber beigebracht.
Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:
Michael: 1972 Die Gruft des Grafen Dracula von MARVEL, gezeichnet von Gil Kane. (heimlich am Kiosk und 5 Mohrenköpfe).
Woran arbeitest du gerade?Michael: Nach den Arbeiten für das
Weihnachtshorrorbuch (Herausgeber: Steff Murschetz & Tarek el Bebbili) setze ich etwas verspätet die Ereignisse im Reinkarnatsuniversum fort.
"Das Ewige Lied der Terraklythen" wird der Nachfolger sein und eben in dieser Welt spielen, die nach der Verschmelzung der Reinkarnaten, entstanden ist.
Es handelt von dicken Wesen die mit ihrer Stimme in der Lage sind eine Art natürliches Gleichgewicht aufrecht zu erhalten, bis sie eines Tages etwas anderes Wahrnehmen was nicht von dieser Welt ist. Grafisch wird das ein echter Leckerbissen, ich will daraus eine Serie machen.
Mein Ziel ist es den Leser in eine fremde Welt zu entführen, damit er eine Reise antritt um den Alltag für einen Moment zu vergessen und vielleicht dabei Antworten zu finden, nach denen er vielleicht ein Leben lang gesucht hat. Man darf also durchaus beim Anblick der Bilder ein bisschen verweilen und sich in ihnen verlieren.
Jede Geschichte des Reinkarnatenuniversum hat eine eigene philosophische Aussage. Natürlich wird auch unserer Welt auch der Spiegel vorgehalten... so nach und nach.
>Update Januar 2010: Teil 1 der Serie ist jetzt online: Das Ewige Lied der TerraklythenWenn du dich für eine Wochen in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdest du dann sein?Michael: Der mächtige
Hulk, er kann alles problemlos und völlig entspannt kaputt hauen und trägt dabei die tollsten Hosen…die gehen nämlich nie kaputt.
Alternativ wäre da noch
Mr. Natural, der trägt manchmal keine, hat aber dafür einen herrlich langen Bart.
Danke für das Interview!
Nächste Woche folgt das Interview mit Kathinka, die mit "Seth Io" Platz 3 im Wettbewerb erreicht hat.