"H.R. Giger. Was soll man da noch sagen?"
Im aktuellen myComics Wettbewerb Tales & Tricks gewann Christian Scharfenberg viele Stimmen für seinen humorvollen Einseiter über H.R. Giger: "Giger's letzter Trick" und erreichte mit seinem Gang durch die Hölle direkt den zweiten Platz.
Wie immer wollten wir mehr zu den Gewinner-Comics wissen, und haben Christian Scharfenberg zu seinem Wettbewerbsbeitrag, seiner eigenen Comic-Geschichte und zu aktuellen Projekten befragt:
Woher kam die Idee zur Story und Umsetzung von „Gigers letztet Trick“ ?
Giger war in meiner Jugend allgegenwärtig. In den 90ern war alles Giger, was irgendwie evil aussehen sollte -- Plattencover, Poster, Filme, Videospiele… Und was nicht von ihm war, versuchte so auszusehen als ob. Ich fand, er war DER Künstler schlechthin, obwohl ich bestimmt nur drei hätte aufzählen können. Jedenfalls war ich wirklich traurig, als ich von seinem Tod gehört habe, und da wollte ich irgendwas Kleines über ihn zeichnen. Dabei habe ich gemerkt, dass er eine ziemlich witzige Comicfigur abgibt.
Ausschnitt aus "Giger's letzter Trick" |
In diesem Jahr hat es schon eine ganze Reihe spannender Beiträge von dir bei myComics gegeben, angefangen mit „Das Evangelium des David Lynch“ und dem „Tribute to Robert Crumb“, und natürlich auch mit die Kid 64-Folgen. Was reizt dich daran, in deinen Stories mit Popkultur-Themen und Charakteren unserer Zeit zu arbeiten? Wie wählst du die Themen aus? Und gab es bei der Arbeit oder nach der Veröffentlichung dabei Überraschungen, positive oder negative?
Eigentlich bin ich thematisch völlig offen. Ich habe Ideen zu allen möglichen Geschichten, durchaus auch ernsterer Kram, aber das Rennen machen am Ende doch immer die Ideen, die am meisten Spass beim Zeichnen versprechen. Meistens habe ich schon 8 Stunden an Auftragsarbeiten gezeichnet, bevor ich endlich an einem Comic weiterschrauben kann. Dann möchte ich mich austoben und es bitteschön lustig haben! Comiczeichnen ist für mich ein zeitintensives Hobby, das neben Job und Familie passen muss, also überlege ich mir einfach, was mich genug bei der Stange hält um dafür lange aufzubleiben.
Ausschnitt aus "Magmor, Son of Thundor" |
Bei Kid64 habe ich entdeckt, dass es mir Spass macht, im Comic von einem (natürlich fiktiven) Film zu erzählen. Das schöne daran ist, dass man immer gleich mehrere Ebenen aufmacht: Man kann hauptsächlich den Inhalt des Filmes erzählen, aber auch von seiner Machart, seinen Fehlern, der Zeit, aus der er stammt, der Wirkung des Filmes, den Schauspielern und und und. Ich finde das Spiel mit diesen Ebenen toll, weil es mir eine riesige Freiheit verschafft. Es erlaubt Dramatik und Albernheit gleichermassen. Und man hat jede Menge Gelegenheiten, unfreiwillige Komik nachzustellen, was ziemlich kniffelig ist und nicht immer klappt. Überraschungen erlebe ich bei der Arbeit eher zu wenige. Die Konzeptphase ist immer schön euphorisch, da muss man selber lachen, zappelt rum und die Ideen fliessen -- Herrlich! Aber dann kommt die elende Fleissarbeit, die gut und gerne 80% ausmacht. Da hat es sich dann ausgekichert. Was mich dieses Jahr aber extrem gefreut hat und eine schöne Überraschung war, ist, dass Steff Murschetz mich bei U-Comix ins Boot geholt hat. Dort fühle ich mich mit meinem doch eher seltsamen Kram sehr wohl und gut aufgehoben!
Jetzt fragst du bestimmt, woran ich gerade arbeite.
Woran arbeitest du gerade?
Ich bin froh, dass du mir diese Frage stellst. :-)
Zusammen mit dem hervorragenden Andreas Hutchins zeichne ich gerade für U-Comix eine Serie um den ewigen Filmstar Cliff Steele. In jeder Ausgabe kann man ihn in einer anderen Bombenrolle sehen, jeweils an verschiedenen Punkten seiner Karriere. Das Ziel ist, Mr. Steele einmal quer durch alle Genres und Dekaden zu jagen. Für die nächste Ausgabe, die Anfang Oktober erscheint, habe ich ihn in einen typischen 80er-Jahre Barbarenfilm gesteckt: "Magmor, Son of Thundor". Die Arbeit an der Folge war lang, aber ein Heidenspass. Und Steff Murschetz hat dazu ein super Titelbild gemalt. Cliff ist also sogar schon Covergirl. Wer das nicht kauft, ist selber Schuld! Vermutlich steigt der Wert in ein paar Jahren durchs Dach! Eignet sich auch als Geschenk! So, das dürfte überzeugt haben.
Cliff Steele als Rick Rocketrider |
Wann hast du mit dem Comiczeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?
Ich habe schon auf der Schule ständig während des Unterrichts vor mich hingekritzelt. Ich kann zum Glück beim Zeichnen gut Zuhören bzw. andersrum, daher beherrsche ich heute trotzdem ein bischen Addition und Weimarer Republik. Nach der Schule habe ich geschaut, wofür ich mich denn eigne, Antwort: Zeichnen. Ich war heilfroh, dass es damit auch geklappt hat. In den ersten 10 Jahren als Illustrator habe ich noch keine Comics gezeichnet, es sei denn, man betrachtet Storyboards als Comics. Richtig damit angefangen habe ich erst vor 2 oder 3 Jahren wieder.
Arbeitsplatz von Christian |
Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:
Knax, für null Mark. Dann kam lange nichts, denn wir hatten eine anständige Bücherhalle mit etlichen Comics. Ich glaube "The dark knight returns" von Frank Miller war das erste Album, das mich was gekostet hat.
Wenn du dich für eine Woche in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdest du dann sein?
Eindeutig Homer.
Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?
Meine Lieblingsserie ist nach wie vor "The Steam above Akthelia" von Thorsten Wieser. Aber es gibt eine ellenlange Liste von super Zeichnern auf der Plattform, die ich allesamt für irgendetwas beneide. Erst durch den Wettbewerb habe ich Sebastian Drewniok entdeckt, wie ich zugeben muss. Der ist super, genau wie Steff Murschetz. Die beiden haben sich den ersten Platz redlich verdient!
Ansonsten mag ich noch sehr (ohne bestimmte Reihenfolge) Frank Tönsing, Piers Goffart, Frau Meyer, Zano, Gannet, Andi Lirium, Matthias Lehmann, Albert Hulm, Flavia Scuderi, Phie Kaldinski, Tim Gaedke… die Liste geht noch weiter, aber das reicht wohl erstmal.
Vielen Dank für das Interview!
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Weitere Links + Interviews:
Christian Scharfenberg bei myComics:
KID64, Clowntown, Das Evangelium des David Lynch...
Christian Scharfenberg im Web:
"http://www.nsa.gov und dann durchfragen"
Weitere Interviews mit myComics-Wettbewerb Gewinnern