Nach dem Wettbewerb kommen die Interviews: David "Def" Füleki holte mit seinem autobiografischen Comic "Was ich mal werden will" den ersten Platz im August-Wettbewerb. Wir haben ihn zum Comic und zu seiner eigenen Comic-"Geschichte" befragt.
Woher kam die Idee zu deinem Wettbewerbs-Comic?
David: Wenn man das studiert hat, was ich studiert hab (Medienkommunikation) und nebenbei als Illustrator und Grafiker jobbt, ist man ein gefundenes Fressen für all die Leute, deren Ausbildungshorizont nicht über die "ehrlichen" Berufe wie Maurer oder Bäcker hinaus geht. Der Comic ist ein ironisches Statement an ebendiese Leute, zu denen ich auch viele Familienmitglieder und enge Freunde zähle. Da wird man in seiner beruflichen Kompetenz oft auf "du kannst gut malen" runtergekürzt.
Ich hoffe, die Leser nehmen sich als Kernaussage des Comics mit: "Wenn ihr was gut könnt und die Möglichkeit habt, damit was anzufangen, ist das cool, aber wenn ihr stattdessen lieber ein Saurier oder Bagger oder gar beides gleichzeitig und jeweils halbtags sein wollt, dann ist das auch sehr okay."
Wann hast du mit dem Comicschreiben und Zeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?
David:Tatsächlich hab ich mit Zeichnen angefangen, lange bevor leicht zugängliche Papierreserven die damalige DDR erreicht haben. Meine Medien waren deswegen damals Schiefertafeln und Tapeten. Sogar ein wertvolles Wilhelm Busch-Buch hab ich diletantisch voll geschmiert. Warum ich das getan habe? Zerstreuung wahrscheinlich.
Nach der Wende kam ich dann endlich einfacher an Papier (as wohlgemerkt kein sehr gutes war) und erdreistete mich, probeweise mal Bildgeschichten festzuhalten. Das Interessante war damals wohl eher, dass ich nicht über Comics beim Comic gelandet bin, sondern über Filme. Das Medium Comic hab ich genutzt, um festzuhalten, was den Sachen gefehlt hat, die im Fernsehen liefen. Einer meiner ersten Comics war z.B. einer zu Indiana Jones, wo ich schlichtweg noch viele tolle Fallen erfunden habe, die der Protagonist in den Filmen hätte passieren sollen, um ein Höchstmaß an Archäologie-Action zu erreichen. Ziemlich pfiffig, aber leider sehr vorhersehbare Kost. Mittlerweile hab ich zum Glück mehr Sinn für Dramaturgie.
Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:
David:Gute alte Zeit: Das waren die Beavis und Butt-Head-Comichefte von Marvel; erschien in Deutschland bei Dino glaub ich. Damals war ich großer Fan und ich glaube, zu denken, dass die Comics auch gar nicht mal so schlecht waren. Ansonsten hab ich mir eher brav meinen Stoff aus der Kinderbibliothek ausgeliehen. Garfield und so was. Allerdings hat mich das brave Gedöns schon immer recht kalt gelassen. Von früh an brauchte ich eine gesunde Portion Blut und Körpersäfte. Im Comic, versteht sich … Übrigens sehen die Beavis und Butt-Head-Hefte heute noch wie frisch gekauft aus! Die Nerdiness schlug da von Anfang an durch.
Woran arbeitest du gerade?
David: Meine neue Homepage www.manga-madness.de ist vor Kurzem online gegangen und ich arbeite unter Hochdruck an einigen interessanten Projekten, die z.B. den interaktiven Charakter von Webcomics noch stärker herauskitzeln sollen. Da besteht auf alle Fälle noch viel Entwicklungspotenzial, dass ich mit der Seite bestmöglich ausloten will - Webpräsenzen wie MyComics werden bei diesem Prozess aber auch weiterhin eine wichtige Rolle spielen.
Vor allem meine Serien "Studieren mit Rind" und "Entoman" dienen mir für meine Experimente als Versuchskaninchen. Bei Ersterem sitz ich z.B. momentan an einer Kopplung von Bild und Ton bzw. Webcomic und YouTube. Die Idee ist eine Story Arc, in der viel gesungen wird. Nach den nicht akustischen Oldschool-Nur-Bild-Veröffentlichungen sollen vertonte Ergänzungs-Musikvideos auf YouTube erscheinen. ´N paar begabte SängerInnen und Instrument-Virtuosen konnt’ ich schon für das lustige Projekt gewinnen. Selber singen mag ich nicht, weil ich berechtigte Sorge trage, dass die Tonfrequenz das Internet zum Schmelzen bringen könnte. So schön klingt das.
Neben den Online-Sachen werf ich natürlich auch weiterhin in gesunden Abständen Print-Publikationen auf den Markt. Allein diese Woche sollen planmäßig vier geschmacklose, aber spaßige Comic-Neuerscheinungen auf der Connichi unters Trash-hungrige Volk gebracht werden. Besonders freue ich mich dann auf die für Dezember geplante Wiederveröffentlichung des vergriffenen Entoman-Machwerks "Blutrotkäppchen". Erscheint bei Tokyopop.
Ich hab mal drei Cover aktueller Projekte angehangen. Darunter auch mein erster echter Sex-Comic, auf den ich sehr stolz bin!
(Klicken für größeres Format)
Wenn du dich für eine Wochen in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdest du dann sein
David:Mir gehen gerade die Vor- und Nachteile aller existierenden Comicfiguren von Schlaubi Schlumpf bis Lobo durch den Kopf und ich kann keinen Favoriten ausfindig machen. Mein Lieblings-Comic ist „Dr. Slump“ und es würde Sinn machen einen Charakter aus ebendieser Serie zu wählen, um dann eine Woche lustige Abenteuer in Pinguinhausen zu erleben … allerdings sind das alles Vollidioten in dem Comic … Nee, ich glaub echt, die Woche wäre rum, bis ich mich entschieden habe.
Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?
David: Och, da hab ich eigentlich gar keine, weil ich mich da nicht in der Lektüre allzu sehr festlegen will. Auf MyComics lass ich lieber den Lost in Hyperspace-Prozess über meine Comic-Lesehappen-Wahl entscheiden. Das heißt, ich klick mich fast wahllos durch von Comic zu Comic und lass mich überraschen. Gerade bei den Leseproben der schicken Ami-Alben gibt´s da oft Erstaunliches zu entdecken, was ich sonst wohl nie gesehen hätte (wir haben in meinem Hood auch nicht gerade die bestsortierten Comic-Handlungen).
Von den deutschen Kollegen les ich natürlich auch prinzipiell alles. Von den Undergroundcomix-Sachen, über das Zeug der zahlreichen JAZAM!-Zeichner bis hin zu Leuten aus meiner Region wie thenextart, Beatcomix oder dem Schwarwel. Alles wird aufgesogen. Sind auch immer feine Schmankerl dabei.
Was mich aber in letzter Zeit besonders geflasht hat, war der Sondermann-Vorrunden-Beitrag „Wurst Comic – The Fantastic Legend of Transglutaminase“ von Bobroviv. Der war ein „bisschen einfacher“ gezeichnet (war auch ein 24-Stunden-Comic), weshalb wahrscheinlich auch viele sich nicht die Mühe gemacht haben, da mal rein zu lesen. Nur so kann ich mir erklären, dass das gute Stück es nicht in die nächste Runde geschafft hat. Jedenfalls war´s mal wieder ein schöner Beweis, dass ein verflixt guter, wenn auch arg bescheuerter Inhalt über jede (Un-)Ästhetik der schnöden Hülle erhaben ist.
Ein Fest für alle, die Wurst und Comics mögen, sich aber bisher nie getraut haben, sich zu einer Mixtur von beidem zu bekennen. Traut euch, Leute! ;-]
Danke für das Interview!
******
myComics-Interviews: Links + Vorschau
Weitere Interviews mit myComics-Wettbewerb-Gewinnern (tigermuse, Michael de Andrade, Tomppa...) gibt es hier: myComic-Interviews
Nächste Woche folgt dann das Interview mit Miri Chuuei, die mit "LUPI" den 2. Platz im Wettbewerb erreichte.
Snapdragon
vor 6 Tagen
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen