Passend zur Jahreszeit drehte sich der myComics-Wettbewerb im Winter um die dunkle Seite der Dinge. Mit seinem Comic "Graf Reißzacken aus dem Eis" landete Armin Parr auf dem dritten Platz im Wettbewerb.
Wie immer wollten wir mehr zu den Gewinner-Comics wissen, und haben Armin Parr zu seinem Comic, der eigenen Comic-Geschichte und zu aktuellen Projekten befragt:
Woher kam die Idee zur "Graf Reißzacken aus dem Eis“?
Ich versuche bei 24-Stunden-Comics mit möglichst wenig Vorbereitung heranzugehen und erst direkt vor Ort zu entscheiden, welche Geschichte ich erzählen möchte. So bleibt das ganze Vorhaben eher sportlich und ich kann (oder muss) im Rahmen der 24 Stunden auch etwas rumprobieren: Welche Figuren, welcher Zeichenstil, welcher Storyaufbau. Manchmal geht das schief, und manchmal kommen ganz überraschend neue Sachen dabei heraus.
Die Figur des Vampirs hatte ich bereits – angelehnt an Joan Sfar´s Ferdinand – als Kakaokarten gezeichnet. Dass da noch zwei Bergsteiger dazu kamen, war ein Traum beim Aufwachen direkt vor dem 24-Stunden-Comic. Und die beiden Elemente habe ich dann direkt vor Ort ineinander vermanscht. Erst habe ich mir Stichpunkte aufgeschrieben, mit Strichliste durchgerechnet wie viele Panels das ungefähr wären und dann auf dieser Grundlage die Geschichte durchgezeichnet. Auf die Art kam auch der etwas abstrusse Titel zu Stande – vielen Dank auch an alle, die trotz des seltsamen Namens immer mal wieder eine Stimme abgegeben haben.
"Graf Reißzack" |
Du hast ja schon eine ganze Reihe 24-Stunden-Comics gezeichnet, welcher davon ist dein persönlicher Favorit?
Mein Favorit ist immer noch "Deadline": Eine in sich abgeschlossene Geschichte, die trotz Zeitmangel sogar einen inhaltlichen Tiefgang hat. Ich bin da tatsächlich ohne jeden Plan dran gegangen. Und die Zeichnungen sind wunderbar kritzelig und schmierig – meistens sieht es einfach besser aus, wenn man auf Vorzeichnungen und Perfektionismus verzichtet und einfach loslegt. Ich glaube mittlerweile auch, dass man Vorzeichnungen oft nur aus der Angst heraus macht, Fehler zu machen. Die Illustrationen sind dann zwar später technisch perfekt, lassen dafür aber oft emotionalen Ausdruck und Expressivität vermissen. 24-Stunden-Comics habe dann aber auch eine soziale Komponente.
Im Fall von "Deadline" war die eher niederschmetternd: Ich saß alleine in meinem Zimmer und war mit meinen Mitzeichnern nur per Webcam verbunden. Bei "The Story of an old Man" waren dann um die zehn Leute in meiner Wohnküche. Es war ein Kommen und Gehen und die letzten sind dann erst nach 34 Stunden wieder nach Hause gegangen. Wenn ich im Friedrichshafener Comicladen "Seetroll" bin, ist das immer wieder ein Treffen mit langjährigen Freunden, was in dem eher intimen Rahmen immer wieder am schönsten ist.
"Graf Reißzacken" entstand in der Alten Kaserne Winterthur , die dort wirklich eine perfekte Organisation mit Essen, Getränken und späterer Ausstellung haben. Mit ca. 60 Zeichnern ist das etwas anonymer als im Seetroll, aber man hat die Möglichkeit viele verschiedene Zeichner kennen zu lernen. Während der Veranstaltung kommen immer wieder Familien in die Halle, um sich "echte Comiczeichner" anzuschauen – eine sehr schöne Idee, wie man für das Medium Comic Öffentlichkeitsarbeit betreiben kann.
Arbeitsplatz von Armin in der alten Kaserne in Winterthur |
Fällt es dir leichter, unter Zeitdruck und mit Deadline zu zeichnen?
Ich habe lieber genug Zeit, um ohne Stress etwas entwickeln zu können. Gerade wenn es keinen drückenden Abgabetermin gibt, habe ich Zeit und Ruhe neues auszuprobieren. Das kann ein wirkliches Geschenk sein. Gegen Ende eines Projekts ist dann eine Deadline ganz gut, um mich selbst dann von einem Projekt lösen zu müssen. Sonst tüftle ich dann ewig herum, um es dann doch noch irgendwie zu verbessern und zeichne in manchen Fällen ganze Seiten neu – da hilft die Deadline, meine Unsicherheit und meinen Perfektionismus zu stoppen und Platz für die nächsten Projekte zu schaffen.
Arbeitsplatz von Armin |
Woran arbeitest du gerade?
Beim neuen Comicaze-Album "Bier – Alles über den Durst" bin ich mit vier Seiten vertreten. Da muss ich noch meine Originale für die Vernissage am Freitag, 26. Februar im Bier- und Oktoberfestmuseum in München vorbereiten. Vor gut drei Jahren habe ich mit Freunden Krakelkomik gegründet, eine sich selbst verlegende Zeichnergruppe. Anfangs war das nur ein Comicstammtisch, wir haben uns dann über den Graphic-Novel-Werbeflyer lustig gemacht, bis wir schliesslich ernsthaft angefangen habe, Hefte zu veröffentlichen. Das nächste soll bis zum Comicsalon Erlangen fertig werden.
Mit Neffs arbeite ich momentan an einer düster-absurden Science Fiction Geschichte mit dem schönen Titel "Ein Raumschiff namens Hoffnung". Das ist nach langer Zeit mal wieder eine Kooperation mit einem Texter, so dass ich nur noch mit Zeichnen beschäftigt bin. Das ist sehr spannend, da ich auf die Vorstellung von jemand anderen reagieren muss – good bye comfort zone! Bisher sind nur ein paar Charaktere angelegt, da will ich aber möglichst bald die ersten Seiten zeichnen! Und dann rückt der Abgabetermin für das neue Jazam immer näher, immerhin habe ich endlich eine Idee. Und dann gibt's noch Ideen für vier längere Graphic Novels, für die mir aber schlichtweg die Zeit fehlt. Ich versuche dann zumindestens meinen Blog auf dem Laufenden zu halten.
Ausschnitt aus seinem neuen Comic "Ein Raumschiff namens Hoffnung" |
Was sind deine aktuellen Favoriten auf myComics?
Im letzten Wettbewerb hat mir "In Wahrheit ist alles ganz anders" von Dachma sehr gut gefallen. Ansonsten bewundere ich immer wieder Bob Hack´s Comics, die haben immer wieder so eine schöne Balance zwischen Düsternis und Leichtigkeit. Und die Soloarbeiten von Yinfinity vermitteln sehr schöne Atmosphären.
Vielen Dank für das Interview!
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Armin bei myComics:
Freunde, Strip-Festival, Memento Mori, Deadline...
Armin im Web:
Website
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