Freitag, 1. Februar 2013

Interview mit Moritz Stetter ("Nullerjahre" + "Luther")



"Dieser Comic aus der Reihe "Ausgehkultur" entstand schon vor einigen Jahren, ich wollte ihn für eine Buchveröffentlichung zurückhalten. Da eine gedruckte Sammlung meiner Jugend-Episoden aber weiterhin ungewiss ist, hau ich den jetzt einfach raus. Viel Spaß damit, und vielleicht findet sich ja jemand darin wieder..."

Mit seinem autobiographischen Comic "Nullerjahre" hat Moritz Stetter beim Dezember-Wettbewerb den 3. Platz gemacht - und im Januar ist seine Graphic Novel "Luther" erschienen. Wir haben ihn zu Nullerjahre und zu seinen aktuellen Projekten interviewt:

Woher kam die Idee zu "Nullerjahre"?
Wie so oft aus dem Leben und Alltag. Der Comic entstand vor ein paar Jahren ziemlich zeitgleich zu den geschilderten Erlebnissen. Ganz ähnlich wie bei den Dings-Fragmenten. Ich war Mitte Zwanzig und spürte in meinem Umfeld dieses lähmende Gefühl, diese stille Verzweiflung der Postmoderne, das wollte ich festhalten.

Seite 1 von "Dings" (1. Fragment)

Den etwas plumpen Titel "Nullerjahre" hab ich dem Ganzen jetzt nachträglich draufgesetzt. Was dem Comic aus heutiger Sicht leider total abgeht, ist Atmosphäre und so was wie Ruhepausen. Das ist so eine Sache die ich gerade erst lerne, einer Erzählung Raum und Rhythmus zu geben.


Woran arbeitest du gerade?
Ich habe ja gerade meine Luther-GraphicBio abgeschlossen, die erscheint am 28. Januar. Ansonsten gibts im März ein tolles Plattencover von mir, ich will was für den Relaunch von U-Comix hinkriegen und ich sitz auch schon an meiner nächsten Graphic Novel, über die ich noch nichts verraten darf, außer dass sie nichts mit Nationalsozialismus, Spätmittelalter oder Christentum zu tun hat. Und immer: aufzeichnen, was so um mich rum passiert.


- Kurzer Zeitsprung: Das Interview entstand gleich nach dem Ende des Wettbewerbs, Mitte Januar. Mittlerweile hat Luther die Buch- und Comichandlungen erreicht, hier ist das Cover, und darunter die offizielle Buchinfo: , und wer direkt online reinblättern will, kann das auf myComics:


"Wie kam es, dass Martin Luther Mönch wurde, anstatt als Jurist Karriere zu machen? Welche inneren und äußeren Anfechtungen führten schließlich zum Bruch mit der Katholischen Kirche? Welche Position nahm Luther im Bauernkrieg ein? Und wie stand er zu den Juden? In eindrucksvollen Bildern zeichnet Moritz Stetter wichtige Stationen im Leben des Reformators nach und ordnet sie in das Lebensgefühl und die politische Situation seiner Zeit ein. Martin Luther begegnet nicht nur als Erneuerer und Theologe. Sichtbar wird auch der Mensch: von Zweifeln geplagt, von Entschlossenheit getrieben, Gemeinschaft suchend und - nicht zuletzt - das Leben genießend. So wird Geschichte lebendig."

Wer direkt in die Luther-GraphicBio reinblättern will, kann das auf myComics:

Und jetzt zurück zum Interview:

Wie ist es, eine Graphic Novel zu einer historische Person wie Luther zu machen? Wie viel Vorarbeit ist da nötig - und was war die größte Schwierigkeit und die größte Überraschung bei der Arbeit mit dem Stoff?
Ich seh das so ein bisschen als Ausgleich dazu, dass ich nie studieren konnte. Das sind sozusagen meine Abschlussarbeiten.

Von den zwei Jahren, die ich insgesamt an dem Buch gearbeitet habe, war ein Dreivierteljahr reine Recherchearbeit. Bücher wälzen, Bildmaterial sammeln, sich in die Zeit, in die Menschen reindenken. Mir macht das große Freude, vor allem wenn sich nach und nach diese ganzen Verknüpfungen ergeben und alles zu einem großen Ganzen wird. Da sind dann tolle Erfolgserlebnisse dabei, wenn man zum Beispiel tagelang verzweifelt versucht, den genauen Ablauf einer klösterlichen Aufnahmezeremonie herauszufinden und dann wird das plötzlich, wenn man schon gar nicht mehr damit rechnet, in einem Buch haargenau auf zwei vollen Seiten beschrieben.

Ich hoffe, es ist mir gelungen, die Menschen und ihre Handlungen im Kontext ihrer Zeit nachvollziehbar zu machen. Das würde ich mal als die größte Herausforderung bei einem historisch biographischen Stoff bezeichnen. Man gerät sehr leicht in Versuchung, da aus der Sicht und mit den moralischen und ethischen Grundsätzen unserer Zeit ranzugehen, sowohl als Erzähler als auch als Leser. Aber das ist dann Hollywood, das interessiert mich nicht.

Wann hast du mit dem Comiczeichnen angefangen, und wie kamst du dazu?
Auf so klischeehaft-klassischem Wege, dass es mir Selbstekel bereiten würde, diese olle Kamelle auszupacken.

Das erste Comicheft, das du dir selbst gekauft hast, war:
Die Möglichkeit, dass das ein Micky Maus Heft war, ist sehr wahrscheinlich.

Wenn du dich für eine Woche in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdest du dann sein? 
Daniel & Oleg. (beide zugleich).

Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?
Danke für das Interview!

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Weitere Links + Interviews:

Moritz Stetter bei myComics:
Dings - Fragmente, Bonhoeffer, Tresenwesen, Luther...

Webseite Moritz Stetter:
demotapecomix

Weitere Interviews mit myComics-Wettbewerb Gewinnern gibt es hier: myComics-Interviews


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