Seit Anfang des Jahres zeichnet Marvin Clifford wöchentlich eine neue Folge seiner Comicserie
Schisslaweng:
"Diese Comics hinterleuchten den turbulenten (oder auch nicht turbulenten) Alltag eines Comiczeichners. Keinen anderen als Meinen. Die alltäglichen Probleme, kleinen Erfolge, Fantasien und Pseudo-Philosophischen Ergüsse sollen hier Platz haben," hat er in seinem
ersten myComics-Interview zur Serie erklärt. Das Konzept kommt ziemlich gut an: mit der Folge "
Keine Idee" ging es im August-Wettbewerb direkt auf Platz 1.
Wie immer wollten wir mehr zu den Gewinner-Stories wissen, und haben Marvin Clifford zu seiner Comicserie, aktuellen Projekten und zum Alltag eines Comiczeichners interviewt:
Woher kam die Idee zu “Keine Idee“?
Wie der Titel der Episode schon verrät, kam die Idee zur
Episode daher keine Idee gehabt zu haben. Aus
Comickreisen erfahren, sind diese Episoden oftmals die Schwächsten. Was
soll man denn auch schon erwarten, wenn man eine Episode über Ideenlosigkeit
erzählen wollte? Ich habe mich dann dazu entschlossen, die Gedanken, die vielleicht dem Einen oder Anderen Comiczeichner in solchen
Momenten durch den Kopf schießen, in überdrehter Manier umzusetzen.
Hoffnungslose Charaktere, die kein Licht sehen und sich in Selbstgesprächen
verlieren, erinnerte mich stark an Noir-Geschichten. So, wie man sie aus alten
Krimis kennt, in denen der Detektiv größtenteils mit sich selbst kämpft. Für
mich war da der Stil dann schon mal gefunden. Nach kurzem Schreiben, was dann
recht schnell von der Hand ging, war auch der Monolog, à la Frank Miller,
gefunden.
Nur, wie das ganze auflösen?
Gerade Familie, Freunde und Freundin beachten immer, wenn
sie hören, dass ich Comiczeichner bin, nicht nur die zeichnerische Fähigkeit zu
inszenieren, sondern eben auch immer die Ideen zu haben, Geschichten zu
schreiben. Dieser Gedanke brachte mich auf die Lösung: Comiczeichner haben
IMMER Ideen, selbst wenn sie Keine haben. Das reichte für meine Pointe zum
Schluss.
Am Ende ist ein recht kompakter Einseiter draus geworden, der die
überzogenen Untergründe eines freiberuflichen Kreativen hinter leuchtet. Um so
erleichternder, wenn die Leserschaft den auch als gelungen erachtet. (Puh!) :-)
44 Folgen von Schisslaweng gibt es bis jetzt – was ist
dein persönlicher Lieblings-Schisslaweng? Wird es mit der Zeit einfacher oder
schwieriger, jede Woche eine Idee für eine neue Folge zu haben?
Zugegeben, wird die Ideenfindung immer schwieriger. Ich
glaube aber nicht deswegen, weil es keine Ideen mehr gibt, sondern weil sich
die Ansprüche an einer Geschichte, einer Pointe und an den Zeichnungen, über
die Zeit entwickeln. Da fallen viele Ideen, die ich vorher in einer großen
Textdatei sammle, recht schnell durchs persönliche Raster. Aber daran liegt
auch der Reiz, finde ich, sich neue Pointen auszudenken und mit vorhandenen,
vielleicht schon etablierten Witzen, neu zu kombinieren, sodass der Leser Spaß
dran hat die Folgen zu lesen. Zusätzlich, muss man, um Neues zu erleben auch
mal rausgehen. Eben Dinge erleben. Das wird schwierig, wenn man so oft Zuhause
für Auftraggeber Dinge ausarbeiten muss.
Einen Lieblings-Schisslaweng? Ob ich den habe? … [Füge
hier eine ganz lange Pause von mindestens einer halben Stunde ein…] …hm… Nö.
:-) Es gäbe da eine Reihe von Episoden, die ich persönlich sehr gerne habe. Die
zwischenmenschlichen Geschichten, die aus dem Beziehungsleben gegriffen sind
und so schön absurd sind, wie zum Beispiel: "Zu Recht", "Ja, ist
viel schöner"" oder "Leibliches Wohl" oder auch die
Episoden, die das Berufsleben hinter leuchten, wie zum Beispiel "Geht das?", finde ich persönlich
gut gelungen.
Ich fühle mich sehr häufig dabei ertappt, dass sich eher "schwache" Folgen, doch bei der Leserschaft gut ankommen. Dann kann es vorkommen, dass die Folgen plötzlich immer besser werden, je mehr Zeit vergeht und man sie wieder liest. Comics haben so was dynamisches, nicht wahr?
Woran arbeitest du gerade?
Im Moment arbeite ich an verschiedene Auftraggeber,
oftmals im Game-Bereich, die meine zeichnerischen Künste für die Gestaltung von
ihren Browsergames/Games benötigen. Das spannt mich ziemlich ein.
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Aus dem Projekt "Zivilisationen" |
Außerdem will
ich ja noch bis Ende des Jahres das "Schisslaweng" Buch mit
zusätzlichen Episoden, die es nur im Buch geben wird, herausbringen.
Wenn es da draußen einen Comic Verlag gibt, der dazu Lust
hat mir bei der Veröffentlichung eines Schisslaweng Buchs zu helfen, dann höre
ich mir das gerne an! :-)
Auch in Arbeit ist eine eigene Schisslaweng Homepage.
Dann gäbe es da noch die Arbeit an einem Shakes & Fidget Kartenspiel.
Comic-Strips fürs MAD Magazin Deutschland.
Bis vor kurzem noch der Unterricht
an einer Berliner Kunst-Akademie, bei der ich mir jetzt erstmal eine Auszeit
gegönnt habe. Dann sind da noch die Gefallen, die man Freunden tut, kleine
Wettbewerbe, für die es gilt was zu zeichnen.
…
Und in Verkleidung des Nachts die Welt vor irren
Wissenschaftlern retten. Das Gängige halt.
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Grusel-Konzept -Illustration |
Wie sieht ein normaler Wochentag bei dir aus? Wie viel
Zeit verbringst du mit Zeichnen?
Früher war ich eher jemand, der Nachts besser arbeiten
konnte, weil man da einfach weniger abgelenkt wird. Aus Rücksicht auf
gemeinsame Abende mit Denise und meines Bio-Rhythmus', bin ich, seit geraumer
Zeit, dazu übergegangen lieber früh aufzustehen. Ob ihr's glauben wollt oder
nicht, aber ich stelle den Wecker immer um 6:20Uhr, stehe dann auch meistens um
6:30 auf und schwinge mich ans Zeichenbrett. Was man da alles schaffen kann,
bevor die Auftraggeber überhaupt ins Büro kommen, ist nicht zu verachten!
Oftmals sitze ich dann da bis ungefähr 19:00 Uhr, manchmal kürzer, manchmal
länger, inklusive Essenspausen und Phasen, wo man doch mal das Haus verlassen
muss. Abends kann man gerne noch mal was trinken gehen oder vor dem Fernseher
sitzen. Am Wochenende wird dann dafür ausgeschlafen und ausgespannt. 6:30 Uhr
klingt verdammt früh? Stimmt. Aber man gewöhnt sich dran und man kann soviel
schaffen noch bevor es 12:00 Uhr Mittags ist. Probiert's aus!
Was sind Deine aktuellen Favoriten auf myComics?
Im Moment sind meine Favoriten recht überschaubar. Da
gibt es die üblichen Verdächtigen, die aber auch schon vor mycomics zu meinen
All-Time-Favourites gehörten. Zu nennen wären da die Arbeiten von Flix, Ruthe
und Sarah Burrini. Die sind wirklich schön.
Wie ich schon im letzten Interview erzählt hatte, fehlt
mir leider die Zeit die Massen an Comics auf Mycomics mir anzusehen,
durchzulesen und die Perlen für mich zu entdecken. (Sorry an alle tollen
Mycomics-Uploader dort draußen, die ich bislang noch nicht entdecken konnte!)
Aber irgendwann werde ich sie finden und dann werde ich Fan. Ganz bestimmt.
Vielen Dank fürs Interview!
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Weitere Links + Interviews:
Marvin Clifford: Schisslaweng
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