Freitag, 9. April 2010

Interview mit dem Geliebten Vampir



Letzte Woche haben Steff Murschetz und Tarek el Bebbili den Comic-März-Wettbewerb für sich entscheiden können. Ihr Comic "Geliebter Vampir" holte den ersten Platz. Wir waren neugierig, und haben Steff Murschetz und Tarek el Bebbili interviewt - das Interview enthält auch einige Comicseiten, wenn man auf die Seiten klickt, erscheinen sie in größerem Format.

Woher kam die Idee zu „Geliebter Vampir“, und wie ergab sich die Zusammenarbeit zwischen Euch?

Tarek:
Die Idee zu dieser Geschichte stammt von Steff Murschetz. Ich habe festgestellt, dass ich noch zu viele zeichnerische (und erzählerische) Defizite habe und einfach nur üben muss. In einem Telefonat teilte mir Steff mit, dass er noch einige Geschichten hätte und ihm die Zeit fehle, diese zeichnerisch umzusetzen. Er schickte mir also mehrere Geschichten, unter ihnen „Der mächtigste Mann der Welt“ und „Geliebter Vampir“, die beiden, die ich bisher gezeichnet habe.

Steff: "Geliebter Vampir"geht auf eine wahre Begebenheit zurück. Vor 25 Jahren habe ich mich während einer Show hypnotisieren lassen. Im Stadtanzeiger versprach der Hypnotiseur ausdrücklich, die Probanden nicht lächerlich zu machen und es bestände keinerlei Gefahr. Natürlich kam es ganz anders.
Nachdem ich im Zustand der Hypnose bereits eine Zitrone mit Schale gegessen hatte, widersetzte ich mich seinen Befehlen, als ich einen lustigen Tanz zum Ruhme Deutschlands aufführen sollte. Dieser Widerstand war extrem anstrengend und mein Körper verwandelte sich dabei scheinbar in zähes Vollgummi.
Bei der nächsten Nummer sollte ich dann als Militärkapelle marschieren. Unter Einsatz aller Kräfte flüchtete ich als Vollgummimann von der Bühne. Es gelang mir aber nicht, mich durch Willenskraft aus der Hypnose zu befreien. Wären der Kurpfuscher seinen Schabernack mit anderen Probanden weitertrieb, konnte ich die Menschen im Saal nicht einmal wahrnehmen und versuchte verzweifelt mich zu erinnern wer ich bin.
Erst als ich den Saal verlassen wollte, wurde ich von mehreren Menschen eingefangen und zur Bühne zurück geführt. Dort wurde ich enthynotisiert.
Der Hypnotiseur sagte noch, mit Blick auf meine langen Haare, ich sei ja sicher ein Wehrdienstverweigerer und deshalb selbst Schuld.
Seit diesem Ereignis, dachte ich immer wieder darüber nach, wie es mir wohl ergangen wäre, wäre meine Flucht aus dem Saal geglückt und ich niemals aus der Hypnose erwacht.
Diese Ereignisse wollte ich seit vielen Jahren in einem Comic verarbeiten. Über die ersten zwei unfertigen Seiten kam ich aber nicht hinaus, da es noch drückendere Traumata gab und ich mich deshalb erst an “Käptn Jack und die Augen meiner Schwester” und “kEine Zukunft für Europa” machte.
Zur Zusammenarbeit mit dem Elbe-Billy kam es, weil ich seine Arbeiten sehr mag und ich in ihm den gleichen Drang erkannte, den Traum vom Comicsmachen konsequent zu leben.


Wie lief dann die Zusammenarbeit zwischen Euch bei "Geliebter Vampir" ab? - In den Kommentaren zur Story gibt es ja schon ein paar Infos dazu, bei „Superkalifragilistisch...“ steht: „Die Story war ja ursprünglich als eine Art Manga-mystery-romanze geschrieben“. Wie entwickelte sich dann daraus die Story, die dann in den Wettbewerb kam?

Steff: Es ist wahr, dass ich bei meiner Version der Geschichte den romantischen Aspekt stärker betonen wollte. Mein Johnny war noch an Johnny Depp angelehnt und hatte Nusferatuzähne.
Damals veröffentlichte ich auf Comicstars und wollte diesem Publikum den Zugang zu der Geschichte erleichtern. Was der Tarek aus der Geschichte gemacht hat, gefällt mir sehr.
Die erste Seite erreichte mich überraschend am letzen Tag des letzten Jahres.
Ich war so begeistert und nahm es als ein hervorragendes Omen für ein fantastisches Comicjahr 2010. Es sieht inzwischen ganz so aus, als sei es das tatsächlich.

Tarek: Ich bekam die Geschichte in der Form: ...ein Vampir ist auf der Flucht durch die Nacht, seine Eckzähne sind lang und scharf, in seinen Mundwinkeln klebt Blut... Wie ich das zeichnerisch umsetze, war mir freigestellt, da Steff mich durch zu viele Vorgaben nicht unter Druck setzen möchte. Er hat selbst solche Erfahrungen gemacht und nimmt in dieser Hinsicht Rücksicht auf mich.


Woran arbeitet ihr gerade?

Tarek:
Ich arbeite gerade an dem Taschenbuch „Der unheimliche Kakerlak“. Es entsteht in Zusammenarbeit mit Steff Murschetz und wird auf dem Internationalen Comicsalon in Erlangen vorgestellt. Die ersten Teile gibt es auch auf myComics.de: Der Unheimliche Kakerlak Teil 1

Steff: Der unheimliche Kakerlak ist eine Figur, die Tarek entwickelt hat und durch die ich seine Arbeiten auch kennen gelernt habe.
Ein Held, eher ein Schwächling, der in der Kanalisation lebt, ganz unten angelangt, unschuldig verfolgt - Heute in Deutschland !
Ich liebe dieses Projekt, da kann ich Dampf ablassen und das im Stil der Comics, mit denen wir aufgewachsen sind.
Den Wettbewerbspreis nutzen wir für den Druck des ersten Taschenbuchs.

“Rexultra” und “Mein Gott ist stark” werden aber auch bald fortgesetzt.
Flauteboy setzt gerade meine Geschichte “Hexenliebe” um und Sebastian de Andrade die Story “Acid Cruiser”, die bald auf myComics.de erscheinen werden.
Gestern habe ich die Endzeitstory “the last song” geschrieben, ein paar Tage davor “Stirb wie ein Mann!”, beide handeln von Musikern.


Das erste Comicheft, das ihr selbst gekauft habt, war:

Tarek:
Ich nehme an, dass es eines der alten Marvelhefte war, höchstwahrscheinlich Spiderman. Diese ganzen Superhelden haben es mir in meiner Kindheit angetan und selbst heute stehe ich noch auf diesen Stoff.

Steff: Das Monster von Frankenstein, ich war mal wieder krank, auf dem Cover stand “Es lebt!”.
Ich kannte noch kein Ausrufezeichen, hielt es für ein umgedrehtes “i” und war so begeistert, das ich, eben noch siechend danieder liegend, nun wild kreischend durch die Wohnung rannte “Es lebti, es lebti !!!” - Die heilende Kraft der Comics!


Wenn ihr euch für eine Woche in eine Comicfigur verwandeln könntest, wer würdet ihr dann sein?

Tarek:
Um die größten Ungerechtigkeiten auf diesem Planeten zu beheben, wäre eine Woche wohl auch dann zu knapp, wenn ich Superman sein könnte. Trotzdem würde ich mich für ihn entscheiden, allein schon deshalb, weil ich Comics in einem atemberaubenden Tempo fertigstellen könnte.

Steff:
Tut mir leid, das kann ich nicht sagen, die Geheimidentität muss gewahrt bleiben, um meine lieben zu schützen ;)


Wann habt ihr jeweils mit dem Comiczeichnen angefangen, und wie kamt ihr dazu?

Steff: Ich kann mich gar nicht erinnern jemals keine Comics gezeichnet zu haben. Als Kind habe ich im Sommer unter einem Zelt aus Bettlaken Piratencomics gezeichnet und mit goldener Weihnachtsfolie für den Umschlag und Klammeraffen zu A5 und A6 Heftchen verarbeitet. Auf der Schreibmaschine meiner Mutter habe ich regelmäßig die neuesten Nachrichten aus Metropolis und Gotham getippt. In jeder Bande in der ich war, habe ich gleich eine Bandenzeitung mit Comics herausgegeben, auch wenn wir meist nur zu dritt waren. Meine Daumenkinos vom onanierenden Donald waren der Blockbuster des Schulhofs.

Das Tuschebild ist die älteste Zeichnung, die ich finden konnte. Das Teil wurde damals als Postkarte gedruckt, von der Malschule im Schloss Oberhausen, da trafen sich immer Dienstags Kinder um zu malen. Man konnte dort Material ausprobieren und den Älteren über die Schulter schauen. Ich war bei dieser Zeichnung 14 Jahre alt, sie ist mit Feder und Tusche gezeichnet und wurde von den Erwachsenen dann mit dem Titel 'Im Sturm' versehen.

Tarek: Comics haben mich seit meiner frühsten Kindheit fasziniert und natürlich habe ich auch als Kind schon probiert, meine eigenen Figuren zu zeichnen. Das ließ dann alles nach, als der Arbeitsalltag mich eingeholt hat. Zu dieser Zeit ging ich einer anderen Leidenschaft, der Musik, nach. Erst 2008 habe ich angefangen, mich mit dem Comiczeichnen ernsthaft auseinanderzusetzen. Ich habe einige Geschichten online gestellt und ein positives Feedback erhalten, was mich dazu anspornte weiterzumachen. So habe ich schließlich auch Steff Murschetz kennengelernt, der mein Talent erkannte und bis heute auch fördert.

Was macht ihr in eurer Freizeit, wenn ihr weder Comics zeichnet oder lest?

Steff: Siehe Frage Nr.5

Tarek: Momentan verbringe ich den Großteil meiner Zeit mit der Arbeit an verschiedenen Projekten, die aber alle mit Comics zu tun haben. Ich versuche, mich in diesem Metier weiterzubilden, die Zeichnungen dynamischer zu gestalten und die Geschichten besser auszuarbeiten, was mich wohl noch viele Monate kosten wird. Ausgleich versuche ich zu finden, indem ich mich sportlich betätige. Außerdem bin ich ein Fan „guter Küche“, was gerade in der warmen Jahreszeit zu Essensorgien mit Freunden und Verwandten führt.

Vielen Dank für das Interview!

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